Mira Lobe: Die Omama im Apfelbaum

„Ach was – dürfen!“ Die Großmutter bremste, dass es quietschte und schüttelte ärgerlich den Federhut. „Findest du es nicht geradezu unglaublich, was Kinder alles nicht dürfen?“

Wenn ich heute an einem Stand mit Zuckerwatte vorbeigehe, muss ich jedes Mal an Würstchen mit Senf denken. Schuld an diesem etwas eigenartigen Reflex ist Mira Lobe, die mit ihrer „Omama im Apfelbaum“ 1965 eine Großmutter-Figur erschaffen hat, um die ich den kleinen Andi schamlos beneidete: eine Oma nicht nur im sprichwörtlichen Sinn zum Pferdestehlen, eine, die auf sämtliche Konventionen, Regeln und Vorschriften pfeift und für die es beim Besuch des Ringelspiels dazugehört, Zuckerwatte zu essen. Und dann Würstchen mit Senf. Und dann wieder Zuckerwatte. Und dann …

Dass Andi zu seiner coolen Phantasie-Oma dann auch noch eine freundliche, reale Leihoma dazubekommt, war aus meiner Kinder-Sicht zwar nicht notwendig (helfen hätte Andi auch seiner überarbeiteten Mutter können), erscheint mir aber heute als ein gelungener Schachzug zur Entwicklung der Hauptfigur. Trotz 60er-Jahre-Patina zeitlos gut.

Isabella Stelzhammer


Cover

Mira Lobe: Die Omama im Apfelbaum

Wien: Jungbrunnen 1965, 112 S., ab 7 Jahren, lieferbar