Monstersee

In Leo Timmers »Monstersee«, das farblich ganz anders daherkommt, wagen vier gefiederte Freunde den Wechsel vom kleinen Tümpel ins tiefe Gewässer. Die Bedenken der Ente Erik, dort wohne ein schreckliches Monster, werden von seinen Kumpanen ignoriert. Dass unter Wasser bereits Frösche und Fische Reißaus nehmen, können nur die Leser*innen sehen. Was sich dort unten tut, konterkariert die üblichen Monsterklischees: Zahlreiche liebenswürdige Kreaturen tummeln sich in einer fröhlichen Unterwasserwelt. Da schleppt etwa ein vieräugiger Fisch auf einem Fahrrad einen roten Molch-ähnlichen Drachen im Cabrio über den Seeboden (wahrscheinlich Timmers Vorliebe für Fortbewegungsmittel geschuldet). Und ein blauer Kraken mit Krawatte spielt Schlagzeug mit Schneebesen, Hammer und Schraubschlüssel auf Tonnen und Straßenschildern. Szenerie und Figuren scheinen aus allerlei weggeworfenem Tand, Strohhalmen, Cocktailschirmchen, alten Werkzeugen zusammengebaut.
In der Gesamtgestaltung wird der anfängliche Weißraum, der die Enten umgibt, immer weniger – die Bildkomposition lässt den Wasserpegel Seite für Seite steigen. Den Höhepunkt bildet die spektakuläre, detailliert-witzige Unterwasser-Ausklappseite in der Mitte des Buches.
Zurück an der Oberfläche und bei seinen Freunden bleibt am Ende offen, ob sich alles nur in Eriks Fantasie abgespielt hat – den anderen verrät er zumindest nichts von seinem Abenteuer. Wiewohl ein wiederholtes Abtauchen und genaueres Hinschauen allen Enten wie Leser*innen empfohlen sei.

Verena Weigl

timmers monstersee

Leo Timmers: Monstersee

Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart. Zürich: Aracari 2023 , 44 S., € 18,50, ab 6 Jahren

Dieser Buchtipp erschien zuerst in "1001 Buch"