Die Geschäfte von Miss Kat, die ihr Detektivbüro in einem alten Milchladen in der Dreißigsten Straße 29 hat, laufen zur Zeit eher schleppend. »Als würde das Verbrechen Urlaub machen.« Gut also, dass  Herr Titula einen entführten Kanari zu beklagen hat. Zwar ist ein gestohlener Vogel »nicht sehr aufregend für eine Detektivin, die das Rätsel der ›Sechs Kraken in der Siebenten Straße‹ gelöst hat«, aber nun gut, eine Detektivin tut, was sie tun muss. Knapp und lakonisch sind die Erzähltexte des Franzosen Jean-Luc Fromentals gehalten, bei den Dialogen ist es nicht anders. Für die Figur der Miss Kat sind vermutlich jene toughen amerikanischen Detektive Pate gestanden, die jedenfalls nicht unter Geschwätzigkeit litten. Das Mädchen im Katzen-Hoodie hat wenig Freunde. Wenn sie Informationen braucht, bekommt sie die bei Griselda, die das Archiv der Tageszeitung der Stadt leitet, und nach getaner Arbeit schaut sie bei Ole vorbei, dem Barmann im »Krakes«, ihrer Lieblings-Milchbar. Und wie bei Marlowe und Konsorten oft sind auch die Fälle der jungen Detektivin nicht so einfach, wie sie anfangs scheinen. Es braucht Raffinesse, Mut und Ausdauer, um die Sache mit dem verschwundenen Vogel oder den Träumen des grünen Kobolds zu lösen. Die Illustrationen dieser mindestens so witzigen wie spannenden Comic-Serie hat Joëlle Jollivet beigesteuert, die mit Fromental schon mehrmals zusammengearbeitet hat. Bei »Miss Kat« orientiert sie sich an dem gewitzten norwegischen Künstler Øyvind Torseter (Fall 1 ist ihm gewidmet). Die mit feiner Linie gezeichneten Bilder sind originell koloriert, das Licht spielt eine große Rolle, es sorgt für Spannung, aber auch für eine grundsätzlich warme Atmosphäre. Rahmenlose Panels und ganzseitige Bilder wechseln einander ab, alles zusammen ist mit kurzen Erzähltexten und vielen Sprechblasen zwar übersichtlich organisiert, es braucht aber eine gute Text- und Bild-Lesekompetenz, um diese feine Serie voll und ganz genießen zu können. Und das sollte man!

Franz Lettner