Ellea und die Stadt

Ellea, ein kleiner altrosafarbener runder Plüschball mit dünnen Händen und Füßen und einem zarten Schwanz, sitzt allein und einsam vor ihrer Höhle auf dem grünen Baumriesen oben auf dem Hügel und schaut runter auf Affenstadt, wo ihre Artgenossen in bunten, aber durchgehend quaderförmigen Wohnburgen leben. Leben? Nein, arbeiten: Die graublauen Affen, felllos, dafür mit Tuch, Schlips oder Schlafmütze bekleidet, sind immer »Busybusy«. Wenn sie keinen Zoom oder Call haben, machen sie Workout. Und als die Stadt in Flammen steht, merken sie nichts davon, weil eben: Busybusy und keine Push-Benachrichtigung.

Clemens Bruno Gatzmaga erzählt in seinem Kinderbuchdebüt knapp und einfach in Sprache wie in Struktur, er setzt dabei auf Klang, Rhythmus und Wiederholungen. Auch inhaltlich ist diese dystopisch-romantische Parabel, in die er mit einer Erzählformel einsteigt, reduziert auf bekannte Bilder: Menschenaffen in der Stadt, uniformiert und entfremdet. Ihnen gegenüber ein rundes Fellknäuel, das in natürlicher Umgebung lebt, aber in seiner Einsamkeit trotzdem disloziert wirkt. Die bildende Künstlerin Ana Popescu, die an der Angewandten in Wien Druckgrafik und Zeichnung studiert hat, bildet in ihren flächigen, weichkantigen Illus­tra­tionen den Text exakt ab und lädt ihn emotional auf. Sie zeigt die Stadtaffen als schematische Figuren, die schlafwandelnd durch ihre graue Welt stapfen. Während das Fellknäuel großäugig zuerst in die Sonne und dann in das Feuer blickt. Am optimistischen Ende wächst nicht nur den Stadtaffen, die zurück auf die Bäume gezogen sind, wieder ein Fell, auch die Häuser werden schick begrünt. Ein Märchen zum Vorlesen für Menschen, die der Hochleistungsgesellschaft der Gegenwart kritisch gegenüberstehen.

Franz Lettner

gatzmaga ellea

Clemens Bruno Gatzmaga & Ana Popescu: Ellea und die Stadt

Düsseldorf: Karl Rauch Verlag 2023, 56 S., € 22,70, ab 3 Jahren

Dieser Buchtipp erschien zuerst in "1001 Buch"