Auf dem Cover ist Bär ganz bei sich, liegt auf einem Ast, schaut in den Blätterwald. Schlägt man das Buch auf, sieht man eine riesige Menge Tiere von links nach rechts über das Vorsatz und dann den Innentitel ins Buch und den Wald hineinziehen. Weil das aber farblich so einfach gehalten ist – alles ist Grauschwarz hingetupft, wie mit Schwamm sanft auf Weiß gedruckt, mit wenigen feinen roten Lichtern – und weil Bär später so schön Klavier spielt, ist es still in diesem Buch. Bis Bär den Deckel zuklappt: »›So liebe Finger‹, flüstert er. ›Jetzt habt ihr frei!‹« Das Publikum ist anderer Meinung: »Mehr, mehr, Pia­nobär«, tönt es von überall her, immer lauter, bis Bär selbst brüllt. Und das Publikum sich beleidigt, empört abwendet.

Marc Veerkamp erzählt von einem Künstler, der viel gibt, sich verausgabt und dem der Rückzug von jenen übel genommen wird, die ihm zuvor applaudiert haben. Wie seltsam, zumal im Bilderbuch, wo sehr viel öfter Einsame Gesellschaft suchen – und finden – als dass jemand allein sein will. Jeska Verstegen findet für diese Geschichte über einen Sensiblen, dessen Bedürfnis nicht wahrgenommen wird, eine wunderbare Bildsprache: Zweige und Blätter, Augen und Körper von Tieren werden zu Ornamenten, zu dichten Mustern aus hellen und dunklen Grautönen, ein bisschen Rot und leerer weißer Raum setzen Akzente; damit (und dem Einsatz von typo­grafischen Elementen) wird ein Spielraum erzeugt, in dem jeder Ton wahrnehmbar ist. Und der zugleich zum Echoraum der Gefühle der Figuren wird. Dass dem Bären am Ende jemand an die Seite gestellt wird, mit dem er gemeinsam allein sein kann, ist ein schöner Ausgang; und Trost für Ruhebedürftige wie auch jene, die andere nicht gern einsam wissen. »Bär ist nicht allein« ist ein feines Plädoyer für gegenseitige Aufmerksamkeit.

Franz Lettner