After the Fire
"Der einzige Weg aus der Dunkelheit ist, ein Feuer zu entzünden."
In „After the Fire“ bedient sich der britische Autor Walter Hill der Dramaturgie eines Spannungsromans, um seine Geschichte über Religion, Fanatismus und autoritäre Strukturen zu erzählen: Die 17-jährige Sunbeam gehört zu den wenigen Überlebenden der Gotteslegionäre, die auf ihrer abgelegenen Farm von der Polizei angegriffen werden.
Schwer verletzt wacht die junge Frau nach dem Inferno in einem Krankenhaus auf und wird in ein Sanatorium verlegt, wo sie über Tage von einem Psychologen und einem FBI-Agenten befragt wird. Erzählt wird kapitelweise und abwechselnd in zwei Richtungen, jeweils mit „Davor“ bzw. „Danach“ überschrieben. Das Davor setzt etwa zwei Jahr vor der Gegenwart ein und schildert das Leben in der Basis der Legion Christi, einem geschlossenen Lager ohne Verbindung nach außen, straff organisiert, militarisiert und auf einen Führer hin zentriert. Dort lebt Sunbeam ohne Eltern: Der Vater hat die Familie in die Basis gebracht, starb allerdings vor der Radikalisierung der Gemeinschaft, im Zuge derer Sunbeams Mutter als Ketzerin aus dem Lager verbannt wurde. Das Mädchen selbst ist dem Anführer als eine von vielen Frauen versprochen ... Das Danach betrifft die Tage der Erzählgegenwart, in denen sich die Protagonistin zwar immer mehr öffnet, aber offensichtlich etwas verbirgt ...
Die Spannungsdramaturgie sorgt für eine durchgehend hohe Lesemotivation, und auch wenn die Figuren teilweise typisiert sind, bleiben die wichtigsten von ihnen doch ambivalent und komplex genug. So gelingt es dem Autor, im Genre glaubwürdig über Machtmissbrauch, Abhängigkeiten und Manipulationen in totalitären Strukturen zu erzählen.
Der Roman basiert im Übrigen auf der 51-tägigen Belagerung der Glaubensgemeinschaft der Branch Davidians in ihrer Siedlung Mount Carmel Center in der Nähe von Waco, Texas, im Jahre 1993, bei der nach einem Sturm 82 Mitglieder einschließlich ihres Anführers David Koresh zu Tode kamen.
Will Hill: After the Fire
München: dtv 2020 | 480 S. | € 16,40 | ab 14 Jahren
Dieser Buchtipp erschien auch im Newsletter Deutsch 1-2020/21 des Verlags Hölder-Pichler-Tempsky